Zwangsadoption in der DDR
gefördert vom Bundesministerium des Inneren und für Heimat

Das DIH erforscht gemeinsam mit Partner: innen eines wissenschaftlichen Verbundes politisch motivierte Zwangsadoptionen in der DDR.
Es wird für eine Dauer von 36 Monaten mit rund 970.000 Euro vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) gefördert.
Beginn: 1.7.2022
Ende: 30.6.2025
Dabei sollen die Umstände von Zwangsadoptionen aufgearbeitet und die verschiedenen Definitionen des Begriffs der Zwangsadoption noch einmal diskutiert, an neuem Material überprüft und im Fokus verschiedener Wissenschaftsdisziplinen entfaltet werden. Politisch motivierte Adoptionsverfahren in der DDR standen vielfach in Zusammenhang mit politischer Haft, Ausreise oder anderweitiger politisch motivierter Repression gegen die leiblichen Eltern.
Das Forscherteam ist interdisziplinär aufgestellt und besteht u.a. aus Sozialethikern, Erziehungswissenschaftlern, Juristen, Psychologen und Medizinhistorikern unterschiedlicher Universitäten und Institute.
Neben Recherchen in einschlägigen Aktenbeständen plant das DIH u.a. auch die Entwicklung eines eigenen Zeitzeugenportals in Form einer Homepage.
Nach intensiven Vorarbeiten, denen auch zwei Gesetzesänderungen vorausgegangen sind, um die rechtlichen Voraussetzungen für den Zugang zu den Akten der DDR Jugendhilfe zu schaffen, konnte das Projekt zur Erforschung politisch motivierter Zwangsadoptionen in der DDR nun beginnen.
Mit dem Start setzt das BMI den Beschluss des Deutschen Bundestags um:
Microsoft Word - 2018-02-26 ZZF-Bericht Neufassung-2.docx (zzf-potsdam.de)
Forschungsgegenstand
Wir beforschen unter anderem:
- die Bedeutung, den Umfang und die historische Dimension der politisch motivierten Adoptionsverfahren
- die Umstände der Zwangsadoptionen
- die verschiedenen Definitionen des Begriffs der Zwangsadoption
- den Zusammenhang zwischen politischer Haft, Ausreise oder anderweitig politisch motivierter Repressionen gegen die leiblichen Eltern und dem Adoptionsverfahren
- dessen Auswirkungen auf die Verarbeitung der Trennung
Forschungsmethoden
Es kommen quantitative und qualitative Methoden der empirischen Forschung sowie Methoden der Hermeneutik zum Einsatz.
Beispiel Fallstudien:
- Auswahl von verschiedenen Adoptionsfällen (regionale Verteilung, Einrichtungstyp, Träger)
- Archivzugang & Kooperationsbereitschaft überprüfen
- Erarbeitung eines mehrteiligen Erhebungsbogens für alle Bereiche der Querschnittsanalysen einschließlich Kategorien- und Fragenrasters, die Festlegung der Stichproben (Größe, Auswahl) und die Kriterien für Einzelfallanalysen
- Erarbeitung eines leitfadengestützten Interviews
- Vor Ort: Stichprobe ziehen (Zeitraum, Umfang), Erhebung Pre Test: Die Durchsicht und Auswertung erfolgt nach einer der jeweiligen Archivlage angepassten Methodik der qualitativen Hermeneutik/objektiven Hermeneutik, d.h. Durchsicht und Bearbeitung bis zur Sättigung der vorangestellten Fragen
- Überprüfung der Fragestellungen Anpassung der Kategorien und Fragen des Erhebungsbogens & Erweiterung der Datenbasis
- Durchführung leitfadengestützter Interviews als Teil partizipativer Forschung mit Zeitzeugen
Der Begriff "Zwangsadoption"
Bisher gibt es keine allgemeinverbindliche "offizielle" Definition für den Begriff der "Zwangsadoption" Sie zu finden wird u.a. Gegenstand unserer Studie sein.
In der bereits vorliegenden Vorstudie über die "Dimension und wissenschaftliche Nachprüfbarkeit politischer Motivationen in DDR-Adoptionsvermittlungsverfahren, 1966-1990" wurden „politisch motivierte Adoptionen in der DDR“ wie folgt umschrieben:
„Die „politisch motivierte Adoption in der DDR“ ist die staatliche Maßnahme der Herausnahme eines oder mehrerer Kinder aus einer Familie und deren Wiedereingliederung in eine andere Familie gegen den offensichtlichen Willen der leiblichen Eltern, wobei die Ahndung von Verhaltensweisen der Eltern, die offenkundig nicht das Wohl des betreffenden Kindes gefährdeten, das zentrale Motiv dieser Maßnahme darstellte“ (s. S. 47 der Vorstudie)
Vorstudie:

Auskunft und Vermittlung
Die ZAuV zeigt Möglichkeiten für zielgerichtete, auf den Einzelfall abgestimmte Recherchen sowie passgenaue Beratungsangebote bei den bestehenden Behörden und Einrichtungen auf. Nach Abschluss der bereits im letzten Jahr durchgeführten umfangreichen konzeptionellen Vorarbeiten, ist beim Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) Anfang des Jahres 2021 die Zentrale Auskunfts- und Vermittlungsstelle (ZAuV) eingerichtet worden.
Ziel der ZAuV ist es, auf den Einzelfall abgestimmte Recherchemöglichkeiten aufzuzeigen und im Sinne einer "Lotsenfunktion" zielgerichtet die jeweils in Betracht kommende Behörde oder Einrichtung zu benennen.
Es können Informationen erhalten werden zu bestehenden (regionalen) Beratungsstellen und Ansprechpersonen, möglichen behördlichen Recherchen zu weiteren biografischen Klärungen sowie den rechtlichen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für eine Auskunftserteilung oder Akteneinsicht bei Behörden.
Adoptierte, leibliche Eltern von Adoptierten, Adoptiveltern, sowie Geschwister oder sonstige Verwandte können sich an die ZAuV wenden.
Jeder, der an der Thematik interessiert ist und sich über den Stand der Aufarbeitung von politisch motivierten Adoptionen auf Bundesebene informieren möchte kann sich darüber hinaus ebenfalls an die Zentrale Auskunfts- und Vermittlungsstelle wenden.
Zentrale Auskunfts- und Vermittlungsstelle:
ZAuV - Zwangsadoptionen in der DDR – Auskunft und Vermittlung (bund.de)
Forschungsteam
Prof. Dr. Karsten Laudien
Ethiker
Prof. Dr. Anke Dreier-Horning
Erziehungswissenschaftlerin
Martina Meiselbach
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Annabell Bergander
Studentische Mitarbeiterin
Prof. Dr. Friederike Wapler
Juristin und Rechtsphilosophin
Dr. Wibke Frey
Juristin
Prof. Dr. Heide Glaesmer
Psychologin
Emilie Compera
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Prof. Dr. Birgit Wagner
Psych. Psychotherapeutin
Jana Schweiger
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Prof. Dr. Heiner Fangerau
Medizinhistoriker
Dr. Nils Löffelbein
Historiker
